Orgelbau und Technik
„Typisch“ Orgel? Jain. Denn das Faszinierende ist, dass jedes Instrument seine eigene Physiognomie hat. Kein Wunder: immer wieder haben Orgelbauer und Organisten mit neuen Möglichkeiten experimentiert.
Eine reichaltige Geschichte mit vielfältiger Technik, zu der wir hier eine Auswahl von Links bereitstellen: wie wird eine Orgel überhaupt konstruiert und aufgestellt, wie wird ein so mächtiges Instrument gestimmt, wie aufwändig sind Reparaturen? Und einiges mehr ...
Das Pfeifenwerk
Unterschieden werden zwei Arten: den Großteil des Pfeifenwerks machen die Labial-Pfeifen aus, dagegen nur 5 bis 15 Prozent die Zungen- oder Lingual-Pfeifen. Bei den Labialpfeifen wird der Ton erzeugt, indem die Luft des Gebläses – der „Wind“ – wie etwa bei einer Querflöte auf einen Kernspalt trifft. Bei Zungenpfeifen bringt der Wind ein federndes Metallblatt zum Schwingen, vergleichbar der Vibration von Rohrblatt-Instrumenten wie z.B. Oboe oder Klarinette.
Verschiedene Pfeifentypen,
erklärt an der Klais-Orgel der Elbphilharmonie Hamburg
Die Register größerer Orgeln werden zu Werken zusammengefasst. Jedes dieser Werke hat sein eigenes Manual, von dem aus es gespielt wird: Hauptwerk (mit den stärksten Registern), Schwellwerk (dessen Pfeifen in einem Kasten stehen, der über einen Schweller stufenlos in der Lautstärke gesteuert werden kann), Rückpositiv (im Rücken des Organisten aufgestellt), die Register für das Pedal stehen oft in sog. Pedaltürmen links und rechts der Werke, die über die Manuale gespielt werden.
Die Schauseite der Orgel bezeichnet man als ihren Prospekt. Die Pfeifen des Prospekts haben häufig besonders schön glänzende Metalllegierungen und sind symmetrisch angeordnet.
Die vielen verschiedenen Klangfarben hängen von der Form und Bauart der Pfeifen verschiedener Register ab. Die Tonhöhe von der Länge (und dem dazu korrespondierenden Durchmesser) einer Pfeife. Die Länge wird im alten Längenmaß Fuß gemessen: die längste/tiefste Pfeife eines 8-Fuß-Register misst 8 x 30 cm (30 cm = eine Fußlänge), also 2,40 Meter. Spielt man ein 8-Fuß-Register, klingt der Ton so hoch wie auf dem Klavier. Die Pfeifen eines 16-Fuß-Registers sind doppelt so lang und klingen eine Oktave tiefer. Ein 4-Fuß-Register klingt eine Oktave höher. Es gibt auch 2-Fuß und 1-Fuß und so genannte Aliquot-Register mit Pfeifenlängen wie 1 1/3 oder 2 2/3tel.
3fache, 4fache oder 5fache Mixturen bringen entsprechend 3 bis 5 Pfeifchen gleichzeitig zum Klingen und wirken wie ein Oberton-Verstärker. Mixturen machen insbesondere den silbrigen barocken Klang einer Orgel aus.
Register und Werke -
wie hängen Form der Pfeifen
und Klangfarbe zusammen?
Das Gebläse
Der ausreichende und regelmäßige Zufluss von Luft, von so genanntem Wind, ist die stillschweigende Voraussetzung dafür, dass eine Orgel überhaupt zum Klingen gebracht wird. Was heute dank Elektrogebläsen selbstverständlich ist, war lange Zeit ein schwieriges Unterfangen. Johann Sebastian Bach legte bei seinen Orgel-Prüfungen großen Wert darauf, dass eine neue Orgel ausreichend große Blasebälge und „gesunde Lungen“ hatte. Bis zur Einführung elektrischer Gebläse wurden die Bälge von Kalkanten „getreten“.
12teilige ausführliche Serie zum Bau einer Orgel; hier geht es zu Folge 1:
Die Register einer der größten Orgeln der Welt, der Domorgel in Passau
Die Windverteilung
So wie der Spieler Tonhöhe (über die Tasten von Manualen bzw. Pedal) und Klangfarbe (durch die Wahl der Register) steuert, gelangt der Wind des Gebläses zu den entsprechenden Pfeifen.
Die einzelnen Schritte eines Neubaus: Mariä Himmelfahrt in Dachau
Alle Pfeifen mit ein und derselben Klangfarbe (Register) stehen auf einem Kasten, der Windlade, die durch den Registerzug am Spieltisch geöffnet oder abgeschaltet werden kann.
Vom Gebläse zur Windlade führen die sog. Windkanäle. Auch zwischen den Tasten und den Ventilen der Pfeifen (beide sind räumlich weit voneinander entfernt) gibt es ein Übertragungssystem, die sog. Traktur. Sie funktioniert entweder rein mechanisch (über Wippen, Gelenke und Stangen), pneumatisch oder elektrisch (über Kabel und Elektromagnete).
Neueste Technik der Orgelstimmung: die Orgel des Kölner Doms
Mittels Koppeln können die Manuale und das Pedal mit ihren jeweiligen Register zusammen gekoppelt werden. Das mächtige Tutti, das alle Register einer Orgel nutzt, erreicht der Organist dadurch, dass er die Register sämtlicher Manuale auf das Manual des Hauptwerks und Pedal koppelt und somit „bündelt“.
Vor jedem Konzert: das Nachstimmen der Zungenregister, mit Grüßen aus Norderney
Was passiert eigentlich bei einer größeren Orgel-Reparatur?